STATION ÖKOSYSTEM WALD

DEFINITION

Der Wald ist deutlich mehr als nur eine von Bäumen geprägte Vegetationsfläche. Vielmehr ist er ein komplexes Ökosystem mit einer Lebensgemeinschaft (Biozönose) aus verschiedenen Tier-, Pflanzen-, Pilz- und Mikrobenarten und deren Lebensraum (Biotop). Die Wechselwirkungen zwischen den Lebewesen (biotische Faktoren) und ihrer Umwelt (abiotische Faktoren) charakterisieren das Ökosystem. Zu den biotischen Faktoren zählen u.a. Räuber-Beute- oder Konkurrenz-Beziehungen. Klima, Hydrologie, Geologie, Relief, Belichtung und Exposition sind Beispiele für abiotische Faktoren. Diese Standortbedingungen sind letztendlich in ihrem komplexen Zusammenspiel Grundlage für die Ansiedlung und Etablierung von Arten bzw. Lebensgemeinschaften.

EINTEILUNG VON WALD

Wälder können nach unterschiedlichen Kriterien kategorisiert werden. Dabei kann zunächst die räumliche Lage und klimatische Zuordnung herangezogen werden – z.B. gewässerbegleitende Auwälder oder tropische Regenwälder. Weiterhin erfolgt die Unterteilung nach den vorhandenen Baumarten (Laub-, Nadel- oder Mischwald) sowie im nächsten Schritt nach den vorkommenden Pflanzengesellschaften - im Geraer Stadtwald z.B. Waldmeister-Buchenwald, Hainsimsen-Buchenwald, Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald oder Schlucht- und Hangmischwald. Zudem können Wälder auch nach ihrem Entwicklungsstadium typisiert werden, z.B. Pionierwald oder nach der Art der Nutzungsintensität durch den Menschen. So sind die meisten Wälder in Deutschland mehr oder weniger intensiv genutzte Wirtschaftswälder.

Ein Wald an sich wird weiterhin vertikal in seine einzelnen Schichten unterteilt (Stratifikation): Wurzel-, Boden-/Moos-, Kraut-, Strauch- und Baumschicht. Den einzelnen Schichten können nicht nur entsprechende Pflanzenarten, sondern auch die dort lebenden Tierarten zugeordnet werden. Einige Waldbewohner wie das Eichhörnchen nutzen auch mehrere Schichten, z.B. die Bodenschicht für Nahrungssuche und die Baumschicht für die Fortpflanzung und Winterruhe.

DYNAMIK

Das Ökosystem Wald zeichnet sich zwar durch eine hohe Stabilität aus, unterliegt aber gleichzeitig einem ständigen Wandel.

Ein sich natürlich entwickelnder Wald durchläuft über mehrere Jahrhunderte unterschiedliche Phasen (z. B. Pionierphase, Optimalphase, Klimax, Zerfallsphase), in denen sich u.a. Baumartenzusammensetzung, Waldschichtung, Altersstruktur und Totholzanteil ändern. Jede Phase wird dabei durch typische Pflanzen- und Tiergesellschaften charakterisiert, die sich den jeweiligen Lebensbedingungen angepasst haben. Allerdings werden in unseren heimischen, forstwirtschaftlich genutzten Wäldern die meisten Bäume bereits in der Optimalphase entnommen.

Aufgrund der erschwerten forstlichen Nutzung durch die steilen Erosionsschluchten, sind im Hainberg-Weinberg-Gebiet weitestgehend alte naturnahe Laubwaldbestände erhalten geblieben, die sich durch Strukturreichtum und Artenvielfalt auszeichnen. 2015 wurden zudem ca. 210 Hektar Wald aus der forstlichen Bewirtschaftung herausgenommen und als „Nationale Naturerbe-Flächen“ ausgewiesen, um dort eine natürliche Waldentwicklung zu ermöglichen.

Mit den Auswirkungen des Klimawandels sind unsere Wälder inzwischen noch ganz anderen Veränderungen ausgesetzt. Zunehmend länger andauernde Hitzeperioden verbunden mit ausbleibenden Niederschlägen sorgen bei fast allen einheimischen Baumarten für Stress und wirken sich so negativ auf deren Widerstandsfähigkeit aus. Das macht sie beispielsweise anfälliger für bestimmte Schädlinge, die sich insbesondere in Monokulturen und Altersklassenwäldern massenartig vermehren (Kalamität). Bei unserer heimischen Fichte z.B. verursacht(e) die Massenentwicklung des Borkenkäfers gebietsweise einen völligen Zusammenbruch der Bestände.

Das vermehrte Auftreten von Extremwetterereignissen wie Wirbelstürmen oder Hitzewellen kann dann schlagartig zur weiteren großflächigen Veränderung bzw. Vernichtung von Wald durch Windbruch oder Waldbrand führen. Durch die natürliche Sukzession oder gezielte Aufforstung entwickeln sich auf den geschädigten Flächen erneut Gehölzbestände.

Einige Arten haben eine breite Toleranz gegenüber den vorherrschenden Lebensbedingungen und können sich an diese anpassen. Andere wiederum kommen damit nicht gut zurecht und werden so nach und nach verdrängt. Dabei spielt auch das Thema Konkurrenz, z.B. um Licht und Wasser, eine große Rolle.

STOFFKREISLÄUFE

Die einzelnen Organismengruppen des Ökosystems Wald erfüllen unterschiedliche Funktionen.

So gibt es zunächst die Erzeuger (Produzenten). Das sind alle grünen Pflanzen, die mittels Photosynthese energiereiche pflanzliche Biomasse produzieren und damit das weitere Wachstum und die Ausbreitung von Pflanzen ermöglichen. Dabei entsteht als Nebenprodukt auch der lebenswichtige Sauerstoff.

Sie stellen die Nahrungsgrundlage für die pflanzenfressenden Verwerter (Primärkonsumenten) wie z.B. Rehe, Hasen, Waldmäuse (Apodemus sylvaticus), verschiedene Insekten und deren Larven dar. Diese wiederum dienen fleischfressenden Verwertern (Sekundärkonsumenten) als Nahrung, z.B. dem Waldkauz (Strix aluco), der sich von Waldmäusen ernährt oder dem Buntspecht (Dendrocopos major), der Insektenlarven frisst. Nachfolgend ernähren sich einige Fleischfresser, sogenannte Tertiärkonsumenten, wiederum von den fleischfressenden Sekundärkonsumenten. Wolf (Canis lupus), Luchs (Lynx lynx), Habicht (Accipiter gentilis) oder Uhu (Bubo bubo) sind typische Vertreter.

Eine weitere wichtige Rolle im Stoffkreislauf nehmen schließlich die Zersetzer (Destruenten) ein wie z.B. verschiedene Wirbellose, Bakterien und Pilze. Sie bauen die organischen „Abfälle“ (z.B. Laub, Tierkot und Kadaver) wieder zu anorganischem Material ab. Dieser Prozess wird Remineralisierung genannt. An dessen Ende entstehen u. a. Nährstoffe, die den Produzenten erneut für deren Wachstum und Entwicklung zur Verfügung stehen.

So schließt sich der Stoffkreislauf und beginnt von vorne.

Weiterführende Links:

    gera forest

    Geraer Stadtwald von oben (Foto: Silvio Heidler)

    gera forest

    Rehe im Wald (Foto: Silvio Heidler)

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    Typischer Windbruchschaden im Wald (Foto: Silvio Heidler)

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