DEFINITIONEN
Einheimische Arten, auch indigene Arten genannt, sind in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet vorkommende Tier- und Pflanzenarten.
Gebietsfremde Arten sind durch anthropogene Einflüsse in andere Gebiete außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes gebracht worden und haben sich mit der Zeit dort etabliert. Dies geschah zumeist vorsätzlich, z.B. durch das gezielte Ansiedeln von Zier- oder Nutzpflanzen, dem Aussetzen von Pelztieren zur Jagd oder für die Modeindustrie aber auch unbeabsichtigt, z.B. durch das Einschleppen als „blinder Passagier“ im Frachtgut oder im Ballastwasser. Durch die zunehmende Globalisierung werden diese Prozesse noch weiter beschleunigt.
Als Archäobiota werden die Arten bezeichnet, die vor der Entdeckung Amerikas 1492 und der damit verbundenen Zunahme von internationalem Handel und Verkehr eingebracht worden.
Neobiota umfassen alle nach 1492 eingeführten Arten: Pflanzen (Neophyten), Wirbeltiere (Neozoen) und Pilze (Neomyceten).
Invasive Arten sind gebietsfremde Arten, die Funktionsabläufe im Ökosystem verändern und dadurch die ursprüngliche Lebensgemeinschaft im Gebiet beeinträchtigen. Wenn sich gebietsfremde Arten gegenüber den einheimischen Arten konkurrenzstark ausbreiten, diese aus ihren Lebensräumen verdrängen und dadurch die heimische Artenvielfalt und funktionierende Ökosysteme zerstören, gelten sie als invasive Arten.
INVASIVE ARTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION - UNIONSLISTE
Im Rahmen der Berner Konvention ("Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume") wurde 2003 die Europäische Strategie zum Umgang mit invasiven gebietsfremden Arten erarbeitet und 2004 veröffentlicht. Daraufhin trat am 01.01.2015 die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten in Kraft.
„Im Mittelpunkt dieser Verordnung steht eine Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung (Unionsliste), für die Maßnahmen zum zukünftigen Umgang (Prävention, Früherkennung und rasche Reaktion, Kontrolle) festgelegt werden. Die Liste wird unter Heranziehung von Risikoabschätzungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen erstellt. Jede Art muss dabei bestimmte Kriterien erfüllen, um in die Liste aufgenommen werden zu können.“
Daraufhin entstand die erste sogenannte Unionsliste mit 37 invasiven Tier- und Pflanzenarten, welche am 03.08.2016 offiziell in Kraft trat. Es folgten seitdem mehrere Ergänzungen der Unionsliste. Nach der dritten Ergänzung der Unionsliste im August 2022 sind aktuell insgesamt 88 invasive Tier- und Pflanzenarten gelistet.
INVASIVE ARTEN IN DEUTSCHLAND
In Deutschland kommen mindestens etwa 74.000 Arten vor. Davon gehören etwa 900 Arten zu den Neobiota. Aktuell zählen kalte Winter noch als Verbreitungsgrenze für viele Neobiota-Arten. Im Rahmen der Klimaerwärmung ist jedoch mit einer weiteren Zunahme an gebietsfremden und z.T. invasiven Arten zu rechnen.
Insgesamt 46 gebietsfremde, invasive Arten der Unionsliste kommen in Deutschland wildlebend vor. Sie gefährden die natürlichen Ökosysteme und Lebensgemeinschaften durch interspezifische Konkurrenz, negative ökosystemare Auswirkungen, Prädation, Krankheitsübertragungen und möglicherweise auch durch Hybridisierung mit einheimischen Arten.
Etwa 26 Tier- und Pflanzenarten der Unionsliste gelten in Deutschland als „weit verbreitet“. Darunter zählen beispielsweise Pflanzen wie Götterbaum (Ailanthus altissima) und Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) sowie Tiere wie Nilgans (Alopochen aegyptiaca), Marderhund (Nyctereutes procyonoides) und Waschbär (Procyon lotor).
Für diese Arten ist eine sofortige Beseitigung zum Schutz der Ökosysteme i.d.R. nicht (mehr) umsetzbar. Hier bedarf es eines umfangreichen Managements zur Eindämmung. Dafür steht für jede Art ein spezielles Management- und Maßnahmenblatt mit konkreten Maßnahmenvorschlägen zur Verfügung. Die Umsetzbarkeit und Nachhaltigkeit müssen jedoch in jedem Einzelfall geprüft werden.
INVASIVE ARTEN IN THÜRINGEN UND IN GERA
Laut dem Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) sind in Thüringen 19 Arten der offiziellen Unionsliste etabliert - z.B. Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera), Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis), Roter Amerikanischer Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) oder Buchstaben-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta).
Der Einfluss dieser Arten wird im Vergleich zu anderen Bundesländern noch als vergleichsweise gering beschrieben. Trotzdem gibt es einzelne Arten, die starke Probleme hervorrufen. Es wurde daher eine Regionale Liste mit 29 gebietsfremden Arten in Thüringen erarbeitet, welche die natürlichen Ökosysteme negativ beeinflussen. Zusätzlich werden dort auch potentiell invasive gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten aufgeführt, die einer besonderen Beobachtung bedürfen.
Neben der Roten Liste für gefährdete Tier- und Pflanzenarten, Pflanzengesellschaften und Lebensräume wurde für Thüringen auch eine Übersicht (Liste) über die aus Naturschutzsicht speziell problematischen invasiven Arten erarbeitet. Diese wird in invasive Arten unterteilt, von denen nachgewiesenermaßen eine Gefährdung der biologischen Vielfalt ausgeht und in potentiell invasive Arten, von denen (begründet) angenommen wird, dass sie die biologische Vielfalt gefährden.
Neophyt - Lupine (Foto: Claudia Preißler)
Neozoe - Waschbär im Wasser (Foto: Silvio Heidler)