ROTE WALDAMEISE

WÄRMELIEBENDE WALDBEWOHNER

Ameisen gehören, wie auch Bienen und Wespen, zur Familie der Hautflügler. Sie lieben trockene und warme Biotope und kommen deshalb häufig auf Halbtrocken- und Magerrasen, xerothermen Saumbiotopen oder Altholzinseln in thermophilen Laub- und Nadelwäldern vor. In Deutschland gibt es über 100 verschiedene Arten von Ameisen, darunter 13 hügelbauende Waldameisenarten. Die bekannteste von ihnen ist die Rote Waldameise (Formica rufa). Sie ist in weiten Teilen Europas, Nordamerikas und Sibiriens verbreitet. In Thüringen kommt sie häufig vor und gilt deshalb aktuell als ungefährdet.

CLEVERE ARCHITEKTEN

Charakteristisch für die Rote Waldameise sind ihre beeindruckenden Ameisenhaufen. Man findet die bis zu 2 m hohen Bauwerke vorwiegend an besonnten Standorten im Wald, z.B. an Waldrändern, auf Lichtungen oder entlang von Wegen. Sie werden oberirdisch aus Erde und Pflanzenteilen, wie Nadeln, Zweigen und Holzstückchen aufgeschichtet. In sehr sonnigen Bereichen werden die Hügel meist etwas flacher gebaut, um eine Überhitzung zu vermeiden. Unterirdisch befindet sich ein bis zu 2 m tiefes, komplexes System aus regensicheren Gängen und Kammern. Die Räume werden u.a. als Speisekammer oder Kinderstube für die Ameisenlarven genutzt. Im Inneren des Ameisenbaues herrschen konstante Temperaturen um die 20°C, sodass das Ameisenvolk dort im Winter kältegeschützt überdauern kann. Durch die Anlage eines ausgeklügelten Lüftungssystems, wird eine Fäulnisbildung im Bau sowie eine Überhitzung im Sommer verhindert.

Die Hügel können Durchmesser von bis zu 5 m erreichen und bieten so genug Platz für bis zu 1 Million Ameisenindividuen. Sie werden nach Bedarf erweitert und umgeschichtet, z.B. um Pilzbefall zu verhindern oder Schäden auszubessern.

Der Ameisenbau ist von strahlenförmig angelegten Ameisenstraßen umgeben, welche die Ameisen in für ihre Nahrungssuche in einem Umkreis von ca. 50 m nutzen. Die Straßen werden durch Duftstoffe markiert, welche die Ameisen durch Drüsen ausscheiden und mittels ihrer Fühler wahrnehmen.

JEDER HAT SEINE AUFGABE

Ameisen können als Einzelindividuum nicht überleben. Sie bilden streng organisierte Staaten, in denen jedes Einzeltier eine bestimmte Aufgabe übernimmt. Ein Volk kann eine oder mehrere Königinnen haben, welche stets im Nest verbleibt und allein für die Fortpflanzung verantwortlich ist. Die restlichen weiblichen Individuen eines Volkes sind Arbeiterinnen. Die Älteren besorgen beispielsweise die Nahrung oder sammeln Baumaterial für das Nest, wobei sie das Vielfache ihres eigenen Körpergewichts tragen können. Die Jüngeren kümmern sich zumeist um die Brutpflege. Ihre Aufgaben können sich im Laufe ihres Lebens verändern. Die geflügelten Ameisenmännchen sind lediglich für die Begattung der Königin zuständig. Nach der Paarung sterben sie.

FRESSEN UND GEFRESSEN WERDEN

Ameisen verteidigen sich, im Gegensatz zu Bienen und Wespen, nicht mit einem Stachel, sondern schützen sich durch das Verspritzen von Ameisensäure vor ihren Fressfeinden. Eine Drüse im Hinterleib kann das Gift bis zu 1 m weit spritzen. Trotzdem werden sie mit Vorliebe von Igeln, Eidechsen, Kröten oder Spinnen vertilgt. Für Vögel, wie den Grünspecht (Picus viridis) oder Wendehals (Jynx torquilla), stellen sie sogar eine existenzielle Nahrungsquelle dar.

Im Gegensatz dazu sind Ameisen selbst, wichtige Primär-, Sekundär- oder Tertiärkonsumenten. Sie erbeuten eine Vielzahl an verschiedensten Gliederfüßlern (z.B. Asseln oder Tausendfüßler), Raupen und Larven, insbesondere die von Forstschädlingen wie dem Kiefernspanner (Bupalus piniaria), Frostspanner (Operophtera brumata) oder Eichenwickler (Tortrix viridana). Durch ihren enormen Nahrungsbedarf, helfen sie dabei diese Schädlinge zu minimieren und schützen somit unseren Wald.

Weiterhin ernährt sich die Rote Waldameise von Honigtau – eine zuckerhaltige Flüssigkeit, die von bestimmten Läusen abgegeben wird, welche sich von Pflanzensäften ernährt. Die Läuse werden regelrecht gemolken, indem die Ameise mit ihren Fühlern auf den Hinterleib der Läuse trommelt, bis diese den nahrhaften Tropfen ausscheidet. Marienkäfer, als natürliche Fressfeinde der Läuse, werden von den Waldameisen verzehrt, wodurch die Vermehrung der Läusepopulation gefördert wird. Somit sorgen sie für eine gesicherte Verfügbarkeit des schmackhaften Honigtaus.

WALDPOLIZEI UND ANDERE AUFGABEN

Waldameisen erfüllen eine Vielzahl wichtiger Aufgaben im Ökosystem Wald.

Neben den bereits oben genannten Aufgaben, sorgen sie für die natürliche Verbreitung der Samen von über 150 verschiedenen Pflanzenarten, z.B. Lerchensporn (Corydalis cava) und Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana).

Sie stabilisieren durch ihr Fraßverhalten das ökologische Gleichgewicht, in dem sie auch Aas und durch Krankheit geschwächte Tiere fressen, was ihnen den Spitznamen „Gesundheitspolizei des Waldes“ eingebracht hat.

Indem die Waldameisen Laub und Holz für ihren Nestbau zerkleinern und abbauen, wird der Waldboden gelockert und mit Nährstoffen angereichert.

GEFÄHRDUNG DURCH MENSCHENHAND

Waldameisen sind auf störungsfreie Wälder mit einer strukturreichen Krautschicht und ausreichende Bestände an Alt- und Totholz angewiesen. Durch eine Verringerung des Totholzanteiles in Wäldern, dem Insektizideinsatz zur Eindämmung von Forstschädlingen sowie durch die Zerstörung von Ameisenbauten durch den Menschen, ist die Rote Waldameise in ihrem Bestand gefährdet.

Die Rote Waldameise und deren Nester sind durch die Bundesartenschutzverordnung streng geschützt.

Weiterführende Links:

    gera forest

    Ameisenhaufen (Foto: Kitty Ewald)

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    Rote Waldameise (Foto: Silvio Heidler)

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    Waldameisen mit Eiern (Foto: Silvio Heidler)

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    Rote Waldameise - Geflügelte Männchen (Foto: Silvio Heidler)

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    Ameisenhaufen (Foto: Kitty Ewald)

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